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Botschafter für die Demokratie

9. Aug. 2024

Wie sich Michael Neuner aus Gründau mit seinem Verein „Youmocracy“ für den Diskurs über Parteigrenzen hinweg einsetzt / Stipendium für junge Engagierte

Botschafter für die Demokratie

Wie sich Michael Neuner aus Gründau mit seinem Verein „Youmocracy“ für den Diskurs über Parteigrenzen hinweg einsetzt / Stipendium für junge Engagierte


Gründau-Rothenbergen (re/pfz). In Zeiten, in denen der Ton in Politik und Gesellschaft immer rauer wird, will Michael Neuner Menschen wieder vereinen. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gründete er vor vier Jahren den Verein „Youmocracy“. „Wir wollen Menschen mit unterschiedlichen politischen Ansichten zusammenzubringen“, sagt der Niedergründauer, der auch Parteichef der Gründauer SPD ist. Was als lose Idee begann, hat sich schnell zu einer dynamischen Initiative entwickelt. Das Ziel ist weiterhin: Diskussionsforen schaffen – und zwar in möglichst vielen Gemeinden, Schulen und Universitäten im ganzen Land. Der Verein vergibt zudem Stipendien für junge Demokraten.

Um demokratische Diskussionsforen zu gestalten, hat der Verein laut Neuner mittlerweile die notwendige Infrastruktur aufgebaut: von der Vereinsgründung über Kommunikationskanäle bis hin zu konkreten Konzepten. „Dafür war es wichtig, viele engagierte Menschen zu finden aus möglichst verschiedenen Regionen, was gut geklappt hat, und wodurch unser Team in kurzer Zeit immer schneller gewachsen ist“, berichtet Neuner, der im Verein für die Finanzen zuständig ist. Heute engagieren bei „Youmocracy“ etwa 100 ehrenamtlich Aktive mit Diskussionsforen in über 25 Gemeinden und Städten in ganz Deutschland.

Um das Projekt voranzubringen, nahmen die Verantwortlichen an vielen Ausschreibungen und Wettbewerben teil. Denn klar war: Selbst die beste Idee braucht finanzielle Mittel. Die erste bedeutende Unterstützung kam im Jahr 2020 mit der Auszeichnung des Engagementpreises der Friedrich-Ebert-Stiftung (die GNZ berichtete). In den vergangenen vier Jahren konnte der Verein immer mehr Unterstützer gewinnen, heute stehen namhafte Stiftungen wie die Deutsche Bahn Stiftung, TÜV Süd Stiftung, die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt und weitere hinter „Youmocracy“. Neben der finanziellen Basis war den Machern die inhaltliche Ausrichtung des Vereins von Anfang an wichtig.

„Unser Verein sollte überparteilich aufgestellt sein – sowohl im Vorstand als auch bei den Unterstützern“, betont Michael Neuner. Nach zahlreichen Gesprächen konnte der Vorstand etwas erreichen, was für das Projekt spricht: Er konnte zwei der bekanntesten deutschen Politiker für das Kuratorium gewinnen: Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) und Wolfgang Thierse (SPD). „Beide ehemaligen Bundestagspräsidenten stehen wie kaum andere für Überparteilichkeit und verleihen unserem Verein durch ihre Unterstützung besonderen Rückhalt.“

Sowohl Lammert als auch Thierse sind nach Ansicht des Gründauers bekannt für ihre klare und weitsichtige politische Haltung sowie tiefgreifende Kenntnis der demokratischen Prozesse in Deutschland. Die beiden Bundestagspräsidenten a.D. hätten sich stets für den Dialog und die Integration verschiedener gesellschaftlicher Strömungen eingesetzt. „Ihre Unterstützung ist eine große Anerkennung für unser Projekt.“ Und Neuner berichtet weiter vom Werdegang des Vereins: „Von den anfänglichen Diskussionsforen haben wir uns inzwischen breiter aufgestellt. Mit einem eigens gegründeten ‚Team Schule‘ bieten wir Workshops an, in denen wir den Schülerinnen und Schülern eine offene und respektvolle Diskussionskultur vermitteln.“ Der Verein will die jungen Leute befähigen, sich eine eigene Meinung zu einem von ihnen gewählten Thema zu bilden und diese dann zu diskutieren. Das jüngste Projekt, das Stipendiatenprogramm für „Demokratiebotschafter“, ermögliche es dem Verein, junge Menschen über einen längeren Zeitraum zu fördern. „Mit Blick in die Zukunft können wir sagen: Jeder Mensch, den wir für die Grundwerte unserer Demokratie begeistern und fördern können, und jede überparteiliche Diskussion, die wir initiieren konnten, stellt bereits einen wertvollen Beitrag dar. Darauf sind wir als Verein stolz.“

Mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen steht für Michael Neuner fest: „Demokratische Parteien haben es schwerer denn je und werden gleichzeitig noch stärker benötigt denn je. Das Ziel muss sein, sich für das einzusetzen, was unser Land ausmacht – unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, das Fundament unseres Grundgesetzes.“ In einer Welt voller Konflikte sehnten sich viele nach Harmonie. Die Fußball-EM habe gezeigt, wie eine positive Stimmung das Land erfasst. Im politischen Wettbewerb jedoch herrsche oft ein rauer Ton, in der Debatte werde auch gerne mal zu Kriegsrhetorik gegriffen. „Das schadet dem politischen Diskurs. Demokratie braucht Sachlichkeit und überparteiliche Zusammenarbeit“, betont der Gründauer SPD-Chef.

Gesellschaftlicher Diskurs leidet unter Hass im Netz

Demokratische Parteien müssten trotz aller politischen Konkurrenz und Wettbewerbs zusammenarbeiten. Das gelte von der Kommunalpolitik bis hin zur Bundes- und globalen Politik. „Soziale Netzwerke sind oft voller Hassbotschaften und Fake News. Diese digitalen Probleme spalten die Gesellschaft weiter. Polarisierung und Politikverdrossenheit nehmen zu, worunter der gesellschaftliche Diskurs leidet“, sagt Neuner. Letztlich sei eine breite demokratische Mehrheit nötig, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu lösen. „Daran zu arbeiten ist ein Prozess, der niemals aufhört und niemals aufhören darf.“

Neuner weiter: „Oft reden gesellschaftliche Gruppen, Parteien eher übereinander oder gegeneinander als miteinander. Die Bereitschaft zur Diskussion nimmt ab. Es liegt an uns, diese Entwicklung zu stoppen und respektvolle, offene Diskussion zu fördern.“ Demokratie brauche aktive Demokraten – Menschen, die zuhören und konstruktiv streiten. Nur so könne man die Herausforderungen unserer Zeit bewältigen und die Grundordnung bewahren.

Neuner wirbt dafür, sich für ein Stipendium als „Demokratiebotschafter“ zu bewerben. Dieses fördert junge Menschen, die sich für Demokratiebildung und politisches Engagement begeistern. Das 18-monatige Programm, das im Oktober startet, beginnt mit einem Workshop zum Thema „Freiheitlich-demokratische Grundordnung“, und in den ersten Wochen des Stipendiums findet ein Kick-off-Event in Berlin statt. Das Stipendium bietet Schulungen in Demokratiebildung und politischem Engagement. Das Herzstück der Ausbildung ist ein Kommunikationstraining, in dem die Botschafter darauf vorbereitet werden, überparteiliche Diskussionen zu moderieren. Während des Programms erhalten die Stipendiaten Unterstützung von Mentoren, können Netzwerke aufbauen und an Workshops teilnehmen. „Das Ziel ist es, die nächste Generation von Demokraten auszubilden und zu befähigen, aktiv zur Stärkung der Demokratie in Deutschland beizutragen“, betont Neuner.

Bewerben können sich noch bis zum 31. August alle zwischen 16 und 27 Jahren, die motiviert sind, sich für Demokratie einzusetzen. Gute kommunikative Fähigkeiten, Selbstständigkeit und Vorerfahrungen im politischen Engagement sind hilfreich, aber nicht notwendig. „Wir möchten alle motivieren, die sich für unsere Demokratie und den überparteilichen Austausch einsetzen wollen.“ Interessierte können sich jetzt für die nächsten Starttermine bewerben. Weitere Informationen gibt es auf der Website von „Youmocracy“ unter www.youmocracy.org/stipendium.

 

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